Es war dunkel draußen. Und kalt. Das kleine Kätzchen saß zitternd und
frierend im Schnee und miaute kläglich. Aber niemand schien es zu
hören. Die Katzenmama war fortgelaufen, um etwas zu Fressen zu suchen.
Das Katzenmädchen miaute immer öfter und lauter, es hatte Hunger und
große Angst und natürlich fror es entsetzlich. Sie war die einzige aus
dem Wurf, die noch am Leben war, alle anderen waren längst gestorben,
verhungert oder erfroren. Aber die Mutter wollte und wollte nicht
wiederkommen.
Verzweifelt lief das Kätzchen in die Richtung, in die die Mutter
verschwunden war. Und da lag sie plötzlich vor ihr, tot. Ein Auto hatte
sie erfasst und mitgeschleift.
Das arme Kätzchen lief zu ihr, stubste sie an und ließ nicht locker,
immer und immer wieder stieß sie die kleine Nase in die Seite der Toten.
Miauuuu, miauuuu, miauuuu! Ganz traurig legte sie sich dann an die
Seite der Mutter, bettete den Kopf auf die Pfoten und miaute leise
weiter.
Ein großer, hagerer, traurig aussehender Mann näherte sich dem
Trauerort. Er blieb erstaunt stehen, als er die kläglichen Laute hörte.
Als er die Situation erfasste, beugte er sich hinab zu dem winzigen
Schreihals und hob ihn hoch. Das Kätzchen sah zu ihm auf, miaute noch
ein paar Mal und als es der Mann zärtlich streichelte, rieb es seinen
Kopf an seiner Hand.
Der Lange schob das kleine Kätzchen unter seinen Mantel und auf dem
Nachhauseweg holte er im Supermarkt an der Ecke noch eine Schale mit
Katzenfutter. Zuhause angekommen bekam das Kleine zuerst ein Tellerchen
mit Milch, und dann konnte es sich endlich satt fressen.
Der Mann verließ noch einmal das Haus. Er holte die tote Mutterkatze und vergrub sie in seinem Garten.
Die beiden, der Lange und das Kätzchen, wurden bald unzertrennlich.
Abends saßen sie gemeinsam auf dem Sofa, der Mann streichelte das
Köpfchen der Kleinen und er selbst war auch nicht mehr traurig, sein
Leben hatte wieder einen Sinn bekommen, er hatte eine Aufgabe, wurde
geliebt und gab diese Liebe tausendfach zurück.
© Petra Schuster
Nürnberg, 25.05.2004
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